Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 8 Anträge und Sonstiges |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.03.2020, 11:49 |
Antragshistorie: | Version 1 |
A6NEU: Gerechte Finanzierung der Brandenburger Tierheime
Antragstext
Die Grüne Jugend Brandenburg fordert die Bündnisgrüne Landespartei sowie die
Landtagsfraktion auf, sich in der Koalition für eine ausreichende Finanzierung
der Brandenburger Tierheime einzusetzen. Gleichzeitig fordern wie alle grünen
kommunalen Mandatsträger*innen auf, sich für die bessere Finanzierung der
Tierheime in ihrem Gebiet einzusetzen. Als ersten Vorstoß bringen wir dafür
einen "Tiereuro" ins Spiel: Pro Einwohner*in soll jährlich ein Euro an das
Tierheim des jeweiligen Zuständigkeitsbereiches gezahlt werden. Ob das Geld
vollständig oder teilweise von kommunaler oder Landesebene stammt, muss
diskutiert werden.
Begründung
Seit 2008 ist Potsdam die einzige Landeshauptstadt der Bundesrepublik ohne Tierheim. (https://www.pnn.de/potsdam/verzoegerungen-beim-tierheim-potsdamer-fundtiere-muessen-wohl-noch-laenger-nach-zossen/25068008.html) Seit einigen Jahren wird nun mühsam ein neues Tierheim aus einem alten Flachbau an der Michendorfer Chaussee in Trägerschaft des Tierschutzvereins Potsdam e.V. erbaut. Genauso wie andere Brandenburger Tierheime leidet auch dieses unter erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Auch der Bau geht sehr schleppend voran.(https://www.pnn.de/potsdam/fundtiere-in-potsdam-tierheim-bau-geht-schleppend-voran/25368218.html) Bei einer Umbauzeit von fünf bis zehn Jahren rechnet der Verein mit Baukosten von 3,5 bis 4 Millionen Euro. (https://www.pnn.de/potsdam/hilfe-fuer-tiere-in-potsdam-tierheim-plaene-kommen-voran/22828304.html; https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Potsdamer-Tierheim-kurz-vor-der-Fertigstellung) Nach Einwirkungen auf die Stadtverordnetenversammlung fasste diese einen Beschluss über eine Anschubfinanzierung in Höhe von 150 000 Euro sowie um Spenden für einen Tierheimbau in Höhe von 130 000 Euro, doch auch diese Gelder sind für den Tierschutzverein nicht auf Abruf verfügbar und werden in der Auszahlung aufgrund von Problemen auf Bundes- und EU-Ebene stark verzögert. (https://www.pnn.de/potsdam/fundtiere-in-potsdam-tierheim-bau-geht-schleppend-voran/25368218.html) Doch die jährlichen Kosten allein für den „Zweckbetrieb“ eines Tierheims betragen ca. 370.000€. Neben der Grundversorgung der Tiere und Reinigung der Unterkünfte und Gehege, muss das Gelände aber auch in Schuss gehalten und eine qualitativ hochwertige Vermittlung gewährleistet werden.
Ein Tierheim begleitet im Idealfall zudem Kastrationsaktionen außerhalb der Einrichtung. Damit die Tiere eine reelle Vermittlungschance bekommen, muss auf jeden Vierbeiner einzeln eingegangen werden. Einige Hunde sind sogar zunächst einmal erst zu resozialisieren. Hierfür entstehen zusätzliche Personalkosten. Eine Anspruchsgrundlage oder gesetzliche Regelung für die Beteiligung an den weiterhin hohen Kosten gibt es nicht. Die aktuelle finanzielle Zuwendung basiert auf einem alleinigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und der Zuneigung Schuberts, doch für die weiteren Jahre gibt es keine Garantien.
Auch müssen alle Fördergelder gesondert vom Verein beantragt werden, doch am Antragsprozedere für die Förderung durch die Stadt wird noch gearbeitet. Bislang allerdings ohne Erfolg. Noch sei der Verein „nicht in der Lage, der Bürokratie gerecht zu werden“. Derzeit müssen Potsdamer Fundtiere zum seit 2015 zuständigen Tierheim ins mehr als 40 Kilometer entfernte Zossen gebracht werden. Mehr als 80 Kilometer hin und wieder zurück muss ein Angestellter des Potsdamer Ordnungsamt rund alle drei Tage fahren, um Potsdamer Fundtiere zum seit 2015 zuständigen Tierheim nach Zossen zu bringen. Rund 110 solcher Fahrten sind im Schnitt pro Jahr nötig, also mehr als 8800 Kilometer in einem VW-Kombi mit einem Verbrauch von 8,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer. 8800 Kilometer pro Jahr bedeuten bei dem verwendeten VW-Transporter T6 Kombi bei einem laut ADAC durchschnittlichen Ausstoß von 168 Gramm klimaschädliches CO2 pro Kilometer fast 1,64 Tonnen CO2 – jedes Jahr. (https://www.pnn.de/potsdam/verzoegerungen-beim-tierheim-potsdamer-fundtiere-muessen-wohl-noch-laenger-nach-zossen/25068008.html)
Zurzeit gibt es in Brandenburg zwar die Möglichkeit, einen Antrag auf 25% der Sachkostenübernahme für Vorhaben in Tierheimen zu stellen. Doch die Möglichkeiten des Tierschutzvereins Potsdam sind begrenzt. Die Spenden und Mittel, die sie zur Verfügung haben, fließen in den Tierheimbau. Nur in Ausnahmefällen kann der Verein kurzfristig Pflegestellen einrichten. Die Pfleger*innen werden dann vertraglich an den Tierschutzverein gebunden, der die Kosten für die Pflege und Verpflegung des Tieres übernimmt. Die Tiere müssen hierbei häufig privat von den Mitgliedern oder Freiwilligen versorgt werden, sodass der Verein fast vollständig auf die unentgeltliche Hilfe der Mitglieder angewiesen ist. Letztes Jahr gab es rund 100 Igel, die zu dünn waren und den Winter so nicht aus eigener Kraft geschafft hätten. Die Aufpäppelung haben viele der Mitglieder übernommen, jedoch mangelt es immer wieder an aktiven Mitgliedern und Pflegestellen, da sie auf rein ehrenamtlicher Basis erfolgen. Allein im ersten Halbjahr 2018 hat der Verein unter seiner Notfallnummer 2377 Anrufe erhalten, wovon 750 Fälle durch Einsatzkräfte notfallversorgt werden mussten. Es waren häufig Notfälle mit Vergiftung, akuten Erkrankungen, Verletzungen oder Unfällen dabei. (https://www.pnn.de/potsdam/hilfe-fuer-tiere-in-potsdam-tierheim-plaene-kommen-voran/22828304.html)
Die Geschichte des Tierheims ist weit nicht die einzige in Brandenburg, welche die Missstände im kommunalen Tierschutz aufzeigt. Auch das Brandenburger Tierheim in der Caasmannstraße leidet an starker finanzieller und personeller Unterversorgung. Dieses musste zwei verdiente festangestellte Mitarbeiter entlassen, weil die Finanzierung der Einrichtung nicht mehr reichte. Allein im Jahr 2014 nahm die Notunterkunft des Tierheims beispielsweise 150 beschlagnahmte Katzen auf; viele von ihnen waren so krank, dass sie starben. 2015 mussten 20 misshandelte Tiere aufgenommen werden.
Zwar hat das Brandenburger Tierheim mit der Stadt Brandenburg und der Gemeinde Kloster Lehnin vor Jahren Verträge geschlossen, Fundtiere aufzunehmen. Diese Verträge werden von Tierheimen häufig mit der jeweils für sie zuständigen Kommune geschlossen, um einen Teilbetrag für auf der Straße gefundene Tiere von ihnen erstattet zu bekommen. Doch die Verträge wurden schon länger nicht an die Preissteigerungen der vergangenen Jahre angepasst. Hierbei handelt es sich meist auch um einige Cent pro Einwohner, was keinesfalls die tatsächlichen Ausgaben decken kann. Grundsätzlich ergibt sich bundesweit der Trend, dass insbesondere langjährige Verträge nie an die Preisentwicklung angepasst worden seien. Um Fundtiere auch medizinisch versorgen zu können - dazu zählen dringende Operationen - übernimmt der Tierschutzverein oder das Tierheim diese Kosten, die zumindest teilweise Pflichtaufgaben der Kommunen sind. (https://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Tierheim-schlaegt-Alarm-wegen-Finanzluecke) Auch hier gibt es keine gesetzlichen Garantien, die eine Aussicht auf die Verbesserung der finanziellen Situation hindeuten könnten. So wird es laut den Tierschutzvereinen und -heimen auf lange Sicht sehr schwierig, guten und effektiven Tierschutz zu gewährleisten.
Erst eine Kommunen-/ Stadtbeteiligung von 2€ pro Kommuneneinwohner pro Jahr würde die Zweckkosten überwiegend decken. Eine Beteiligung von mindestens 1€ pro Kommunen-/ Stadteinwohner durch die zuständige Kommune/ Stadt pro Jahr sowie eine entsprechende gesetzliche Anspruchsgrundlage wären aber dringend erforderlich und auch angemessen.
Die Bündnisgrüne Landespartei sowie die Landtagsfraktion werden daher aufgefordert, eine entsprechende Finanzierungsinitiative bei den Kommunen Brandenburgs zu ergreifen bzw. zu unterstützen.
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